Sie versüßten sich ihr Leben mit Liedern

Sie versüßten sich ihr Leben mit Liedern

„Sie versüßten sich ihr Leben mit Liedern“

Traditionelle Musik aus Schottland

Welche Faszination üben alte Volkslieder auf so viele Menschen aus? Es sind Botschaften aus einer anderen Zeit mit einer Bildersprache, die wir heutzutage teils nicht mehr so leicht entschlüsseln können. Mit wunderschönen und ausführlichen Landschaftsbeschreibungen, in denen man die frühere Verbundenheit der Menschen mit der Natur in all ihren Facetten erahnen kann, lieblich und grausam unerbittlich. Mit Geschichten von Feen und vielen anderen mythischen Wesen, die so lebendig gezeichnet werden, dass manche sich selbst heute in unserer aufgeklärten Zeit heimlich fragen, ob es sie nicht doch gibt. Diese Lieder sind jedoch ebenso Ausdruck des harten Lebens, das die Menschen vor Jahrhunderten geführt haben, ein Leben voller Arbeit und Entbehrungen. Und ein Leben, in dem bei genauem Hinsehen dieselben Dinge wichtig waren, die auch noch für uns wichtig sind, unabhängig davon, welcher Kultur wir angehören: Die Geburt von Kindern, Hochzeiten, Liebe, Trennung, Feste, Arbeit, Reisen, Abenteuer, Kampf, Eifersucht, Unfälle, Exil, Tod und Beerdigungen. Aber wie haben die Menschen damals ihre Welt empfunden, wie haben sie gedacht und gefühlt?

credits Michelle Fowlis – Julie Fowlis Album Cover „Gach sgeul / Every story“

Julie Fowlis erforscht das Erbe der alten schottischen Volkslieder

Genau jenen Fragen geht die schottische Sängerin Julie Fowlis nach. Sie singt die Lieder ihrer Heimat in der alten Sprache ihrer Vorfahren, die heute nur noch von 1% der Bevölkerung in Schottland gesprochen wird. Aufgewachsen ist sie auf den äußeren Hebriden, auf der Insel „North Uist“, die so abgelegen ist, dass die alte Sprache, das Schottisch-gälische, sich hier erhalten konnte. Seit ihrer Kindheit ist Julie von den Sagen und Liedern der äußeren Hebriden umgeben und sie lernte mehrere traditionelle Instrumente, wie zum Beispiel den Dudelsack. Aber bekannt geworden ist sie als Sängerin. Als Interpretin der alten schottischen Lieder hat sie bereits viele nationale Auszeichnungen erhalten und ist inzwischen auch über die Grenzen Schottlands hinaus bekannt. Ihre Lieder lernt sie von älteren Sängerinnen und Inselbewohnern, die der Tradition folgend die Texte und Melodien mündlich weitergeben. Julie reist immer wieder durchs Land und sammelt so viele Lieder. Eine weitere Quelle, aus der Julie schöpft und die sie aber auch speist, ist das Online Archiv „Tobar an Dualchais“, das einen wahren Schatz von 40.000 Liedern und Geschichten aus ganz Schottland birgt. Dieses Erbe zu bewahren ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der kulturellen Identität, eine Identität, die durch die Jahrhunderte lange Herrschaft der Engländer über Schottland stark bedroht war.

 

Überall auf der Welt gibt es Lieder für ganz spezielle Anlässe

Für viele Anlässe im Leben gab es ganz spezielle Lieder. Überall auf der Welt kennt man Wiegenlieder oder Klagelieder. Und die Menschen haben früher auch vielerorts zur Arbeit gesungen, um diese zu erleichtern, um ein bisschen Spaß zu haben und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. So haben die schottischen Frauen bei der Verarbeitung des Tweed-Stoffes Lieder gesungen zu dem Rhythmus, den ihr Klopfen auf dem Tisch erzeugte. Oder man sang zum Tanz schnelle Lieder in einer Silbensprache oder mit kurzen, humorigen Texten, denn zeitweise war das Dudelsackspielen verboten und man half sich eben auf diese Art und Weise. In einem Interview sagt Julie Fowlis es sehr treffend:

Die Leute früher haben sich ihr Leben mit Musik und Liedern versüßt.

Schaut man sich in den verschiedenen Kulturen der Welt um, so kann man diese Aussage an vielen Orten bestätigt sehen. Es ist eine Eigenschaft, die uns vereint, das tiefe Bedürfnis nach Musik und danach unsere Geschichten in Liedern auszudrücken.

Welche Botschaft steckt in den alten Liedern?

Wenn wir heutzutage diese alten Volkslieder hören, haben wir es mit lebendiger Geschichte zu tun, mit Einblicken in die Welt der Menschen von früher. Die Stimmen der Menschen, die vor uns gelebt haben, klingen immer noch zu uns herüber in unsere Zeit und können uns an vieles erinnern, das wir heute scheinbar vergessen haben. Daran, wie wichtig Gemeinschaft für unser Überleben ist , dass die Natur die Quelle unserer Nahrung ist und darüber hinaus ein lebendiger Organismus mit einer eigenen Seele, von der wir ein Teil sind, eingewoben in die Jahreszeiten und Wetterlaunen.

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