Der keltische Jahreskreis
Die Jahreskreisfeste binden uns ein in die natürlichen Zyklen
Seit einiger Zeit nun beschäftige ich mich mit den keltischen, germanischen und teils neuheidnischen Jahreskreisfesten. Wenn Du mir auf YouTube folgst, wird Dir aufgefallen sein, dass ich seit letztem Jahr für jedes Fest ein Lied gemacht habe. Das war eine wunderbare Gelegenheit, mich tiefer in die Materie zu begeben. Es hat mir viel Freude bereitet die Energien, die hinter jedem dieser Feste stehen, in Klängen auszudrücken. Es hat mir auch viel Halt gegeben in Zeiten, in denen es an allen Ecken und Enden wackelte und rumorte. Im Privaten und im Kollektiv.
Die Jahreskreisfeste können uns einbinden in die Zyklen der Natur, wie wir sie hier in Mitteleuropa erleben und sie verbinden uns mit unseren AhnInnen, die diese Feste schon seit tausenden von Jahren begehen. Sie stecken voller Mythen und Brauchtum und können uns bis in die Reiche der Anderswelt führen.
Wenn wir uns auf die Natur einschwingen, dann können wir Trost, Kraft und Halt darin finden, dass es Zyklen gibt, die stetig und verlässlich sind so wie der Lauf der Sonne und des Mondes. Und wie das Sterben im Herbst und die Wiedergeburt im Frühling. Wir können in der Natur auch unser Vertrauen stärken lassen, dass die Pflanzen und Tiere immer Wege gefunden haben, mit Veränderungen umzugehen, wenn man sie nur lässt. Die Natur, ganz besonders die Pflanzen, sind die Grundlage unseres Lebens. So tut es gut, sich wieder mehr auf die Vegetationszyklen der Natur einzulassen und wie die Menschen früher es taten, das Leben wieder mehr danach auszurichten.
Indem wir bewusst in den Fußstapfen unserer Ahnen wandeln, können wir uns von ihnen die nötige Kraft abholen, in Zeiten des Wandels stark und gelassen zu bleiben. Denk nur mal dran, was unsere Ahnen seit tausenden Jahren alles erlebt und bewältigt haben. Diese Erfahrungen haben sie an uns weitergegeben.
Die Menschen haben sich zu den Jahreskreisfesten immer für mehrere Tage versammelt, man sah Familienmitglieder oder Freunde wieder, die weit entfernt lebten und freute sich einfach gemeinsam zu feiern, aus dem Alltag auszusteigen und in Verbindung mit der Anderswelt zu treten, um Segen und Schutz zu beten für die Ernte, für die Tiere, für die Höfe und die Familien. Dieser Aspekt hat sich bis in unsere Tage erhalten, die Menschen begehen immer noch bestimmte Feiertage im Kreise der Familie. Dieses Zusammenkommen bedeutet auch das regelmäßige Versammeln in einem Kreis und somit verweben sich die Zyklen der Natur mit den Kreisen der Menschen.
Die Komponente der Versammlung in menschlicher Gemeinschaft war während der Pandemie abgeschnitten, der Kreis war unterbrochen und das hat viel Schmerz erzeugt. In dysfunktionalen Familiensystemen jedoch kann das auch zu einiger Erleichterung geführt haben, das möchte ich nicht unerwähnt lassen. Generell jedoch konnten wir spüren wie wichtig es für uns Menschen ist, gemeinsam Feste zu feiern, die uns in einen größeren Zusammenhang einbinden.
Das war auf jeden Fall auch ein Aspekt, der mich genau letztes Jahr motiviert hat, mich mit dem keltischen Jahreskreis intensiver zu beschäftigen. Denn eigentlich habe ich mich schon immer dafür interessiert.
Mehr Details zu den einzelnen Jahreskreisfesten
Warum schreibe ich keltischer Jahreskreis? Weil ich mich mit keltischer Kultur besser auskenne als mit nordischer/germanischer Kultur. Allerdings ist bei der Nennung dieser Begriffe Achtung geboten, da die Kelten sich selber nicht so nannten und die Germanen auch nicht und besonders in Deutschland gar keine scharfe Trennlinie zwischen von uns keltisch oder germanisch genannter Kultur gezogen werden kann.
Nun geht es aber endlich los mit mehr Details zu den Festen. Im Neopaganismus/Neuheidentum werden heutzutage acht Jahreskreisfeste gefeiert.
Wie lauten die Namen aller Jahreskreisfeste jetzt ganz genau und wann finden sie statt?
Dazu habe ich folgende Übersicht erstellt:
In der keltischen Tradition sind die vier großen Jahreskreisfeste Samhain, Imbolc, Beltane und Lughnasadh überliefert. Sie wurden wohl in sehr früher Zeit zumindest in unterschiedlichen Gegenden zu Neu- bzw. Vollmond gefeiert und sind entstanden aus den landwirtschaftlichen Gegebenheiten und dem Stand der Vegetation zur jeweiligen Zeit im Jahr. Man könnte sie auch als Schwellenfeste bezeichnen. Sie alle läuten jeweils eine der vier Jahreszeiten ein und markieren die Zeitpunkte, zu denen die Tierherden auf die Winter- oder Sommerweiden gebracht werden, zu denen die ersten Lämmer geboren werden oder zu denen die erste Kornernte eingefahren wird.
Alle vier Namen entstammen dem Irisch-Gälischen oder alten keltischen Wörtern. Ich vermute jedoch, dass in ganz Mittel-, Nord- und Osteuropa solche Mondfeste gefeiert wurden, um zum Beispiel das Treiben der Herden auf die Sommerweiden oder die erste Kornernte zu begehen. Dabei variierte der Zeitpunkt vielleicht regional, je nach Klima und Brauchtum und sie hießen womöglich auch anders.
Im neuheidnischen Jahreskreis sind diese vier Feste jedenfalls ein unverzichtbarer Teil, stecken sie doch voller lebendiger Tradition, die bis in die heutige Zeit andauert. Sie liegen zeitlich zwischen den Sonnenwend- und Äquinoxfesten und haben schon seit vielen Jahrhunderten ein festes Datum im Kalender bekommen. Auf der Webseite eines irischen Druiden habe ich für diese Daten den Ausdruck „solares Samhain/Imbolc/Beltane/Lunasa“ gefunden. Seine Tradition legt nahe, dass diese Feste schon immer Sonnenfeste waren. Hier seine Webseite: https://www.celticdruidtemple.com/sun-festivals.html
Der keltische Jahreskreis ist demnach ein Sonnenrad mit acht Achsen. Davon sind vier Achsen die Sonnwend- und Äquinoxtage und die anderen vier liegen genau dazwischen.
Wenn Du Dich für die lunaren Daten der vier keltischen Hauptfeste interessierst, findest Du weiter unten eine Grafik mit den Daten der kommenden keltischen Jahreskreisfeste, berechnet nach dem Mondkalender.
Die Sonnwendfeiern Jul und Midsommar kennt man vor allem aus dem nordisch-germanischen Raum. Beide werden noch heutzutage mit viel altem Brauchtum in Skandinavien gefeiert. Man kann jedoch davon ausgehen, dass diese beiden Sonnenfeste auch im keltischen Sprachraum begangen wurden. Besonders die Wintersonnenwende war wichtig, um den Sonnen- und Mondkalender aufeinander abzustimmen und die Aussaat zu bestimmen. Die Druiden sollen zur Wintersonnenwende zweitägige Rituale mit Misteln und Stechpalmen durchgeführt haben. Außerdem ist das Feiern der Sommersonnenwende zumindest auch aus Irland bekannt.
Die Sonnenwenden sind seit der Neusteinzeit wichtige Zeitmarker, nach denen viele Monumente ausgerichtet wurden, wie z.B. der Steinkreis von Stonehenge, die Grabhügel von Newgrange und auch Carrowkeel in Irland.
Kein Wunder also, dass sich die beiden Sonnwendfeste auch im neuheidnischen Jahreskreis wiederfinden.
Bleiben also noch die anderen beiden Sonnenfeste „Mabon“ und „Ostara“, die zu den Äquinoxtagen, den Tagundnachtgleichen begangen werden. Für beide ist die Ableitung aus einer direkten alten Tradition nicht gesichert und zu den Namen beider Feste gibt es Kontroversen. So wird es in der Fachwelt stark angezweifelt, dass die germanische Frühlingsgöttin wirklich „Ostara“ hieß. Eine angelsächsische Göttin namens Eostre soll es gegeben haben, aber auch das wird angezweifelt. Und was der keltische Gott Maponos und von ihm abgeleitet die walisische Sagenfigur Mabon op Modron mit der Herbsttagundnachtgleiche zu tun haben könnte, wird ebenso diskutiert. Beide Feiern sind im Neuheidentum fester Teil des Jahreskreises und es liegt nahe, dass es auch schon früher in vielen Regionen Europas jeweils im Frühling und Herbst entsprechende Feste gab, deren Datum womöglich von Region zu Region variierte und deren Namen nicht hieb- und stichfest überliefert sind.
Ich hoffe, es ist nun klar geworden, dass der Jahreskreis, wie er heute begangen wird, in dieser Form der acht Feste in neuheidnischen, neo-paganen Religionen so gefeiert wird, die Feste jedoch größtenteils einer lebendigen Tradition entstammen, die ungebrochen bis in unsere Zeit andauert.
Was habe ich erlebt beim Schreiben meiner Lieder für die Jahreskreisfeste?
Als ich anfing das erste Lied im Jahreskreis zu schreiben, war es ein intuitiver Prozess. Es war zur Zeit der Herbsttagundnachtgleiche 2021. Zu dieser Equinoxzeit spüre ich immer einen großen Inspirationsschub. Es fühlt sich so an als ob zu dieser Zeit nicht nur Licht und Dunkel ins Gleichgewicht kommen, sondern so ziemlich alles in meinem Leben. Das gibt mir immer enorm viel Schubkraft und ich habe mich getraut mit einer neuen Gesangstechnik zu experimentieren. Als Samhain sich langsam näherte, da spürte ich den Drang auch für dieses ganz besondere keltische Fest ein Lied zu schreiben.
Und ab da fing es dann an magisch zu werden, alles ergab sich von selbst im Prozess des Erschaffens. Jedes Mal war ich erstaunt, über die Worte und Melodien, die auf die Welt kommen wollten. Jedes Mal war ich demütig vor dem Prozess und hatte auch immer etwas Angst, dass diesmal nichts kommen würde. Aber dann lernte ich das Vertrauen darin, dass sich wie durch Magie immer alles fügte. So kam es zum Beispiel fürs Lughnasadh Lied zu einer Kooperation mit Prof. Dr. Jürgen Zeidler, der das Forum Celtic Studies an der Universität Trier leitet und auf meine Anregung hin eine wunderbare Ballade in Irisch-Gälisch zum Lughnasadh Fest geschrieben hat.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass meine Motivation, mich mit den Jahreskreisfesten zu befassen, die Verzauberung war, die mir das Eintauchen in die Energien des Jahreskreises gebracht hat und der Wunsch, diese auch mit anderen zu teilen in Form von Liedern.
Und ich möchte Dir gerne die Kraft der Verbindung vermitteln, die Verbindung mit dem Kreislauf von Sonne und Mond, mit den Zyklen der Natur, mit den Wegen unserer AhnInnen und den Kreisen der menschlichen Gemeinschaft.
Und so werde ich nun zum nächsten keltischen Jahresbeginn, zu Samhain 2022, damit beginnen zu jedem Jahreskreisfest auch einen Blogartikel zu verfassen.
Da ich eine Verbindung zur lunaren Tradition der keltischen Feste Samhain, Imbolc, Beltane und Lughnasadh in mir spüre, werde ich diese im kommenden Jahreskreis dementsprechend zu Neu- oder Vollmond begehen.
Will ich alles verkomplizieren, was doch so einfach sein könnte?
Ein festes Datum für die Jahreskreisfeste stellt sich oft in unserer Zeit und in unserem Alltag als praktisch heraus. Und es ist deutlich spürbar, ob man mit der Mehrzahl der anderen Menschen am selben Tag feiert oder nicht.
Doch ich persönlich wollte einfach tiefer eintauchen in das zyklische Denken und wollte mich dem Zeitempfinden der Menschen in den alten steinzeitlichen und bronzezeitlichen Kulturen annähern. Die Mondzyklen spielten eine viel größere Rolle, ein Monat umfasste wirklich noch einen echten Mondzyklus von 29,5 Tagen. Unsere heutigen Monate zeugen davon, dass der Lauf des Mondes in das Sonnenjahr hineingepresst wurde und das Sonnenjahr selber ebenso mithilfe einer Schaltjahresregel eingestellt wurde. Das fühlt sich etwas starr an.
Durch das Beschäftigen mit dem Jahreskreis und den Zeitvorstellungen der Kelten hat sich auch meine Wahrnehmung verändert und ich kann die natürlichen Zyklen viel besser wahrnehmen.
Eine Grafik mit den Daten der lunaren keltischen Jahreskreisfeste findest Du hier, sie liegen im kommenden Jahreskreis sehr nah an oder exakt auf den solaren Daten.
Die Menschen damals haben nach einem Mondkalender gelebt, den sie anhand der Sonnwendtage immer wieder neu tariert haben. Dieses Prinzip hat sich noch zu einem gewissen Anteil in der Berechnung der katholischen Feiertage Ostern und Pfingsten erhalten. Auch in anderen Kulturen findet man noch eine Berechnung der Feiertage nach den Mondphasen, wie z.B. im Hinduismus die Feiertage zu Diwali oder Holi.
Ich möchte darauf hinweisen, dass ich für die Feste Samhain, Imbolc und Lughnasadh verschiedene Zeitpunkte gefunden habe, es gibt da einfach unterschiedliche Traditionen. Manche feiern Samhain zum elften Vollmond, Imbolc zum zweiten Neumond und Lughnasadh zum achten Neumond. Spüre einfach selber rein, was sich für Dich am stimmigsten anfühlt.
Und wie berechnet man jetzt den Zeitpunkt der keltischen Jahreskreisfeste?
Du nimmst den ersten Neumond nach der Wintersonnenwende und gibst ihm die Nummer 1. Dann nimmst Du den ersten Vollmond, der auf den Neumond Nummer 1 folgt und gibst ihm ebenfalls die Nummer 1. Und dann zählst Du ab wie folgt:
2. Vollmond (oder 2. Neumond) = Imbolc
5. Vollmond = Beltane
8. Vollmond (oder 8. Neumond) = Lughnasadh
11. Neumond (oder 11. Vollmond) = Samhain
Es gibt inzwischen einigen HeidInnen, die den exakten Zeitpunkt, wenn der Mond komplett dunkel ist auch so benennen, nämlich Dunkelmond. Und den Zeitpunkt, wenn die frische Mondsichel zu sehen ist, nennen sie dann Neumond. Um Verwirrungen auszuschließen, habe ich die althergebrachten Bezeichnungen benutzt, obwohl es mir persönlich eher liegt, Dunkelmond zu sagen.
Ich wünsche Dir eine gesegnete Zeit im Jahreskreis, viel Kraft und Inspiration, Vertrauen und Verzauberung und wenn Du in meine Lieder rein hören möchtest, findest Du sie alle zusammen in dieser Playliste:
Eine CD mit dem Titel „Wheel of the year“ (was Jahreskreis bedeutet) ist selbstredend in Arbeit.
Begehst Du bereits die Jahreskreisfeste? Oder möchtest Du damit beginnen? Was sind Deine Erfahrungen oder Inspirationen dazu? Hast Du noch ergänzende Informationen oder konstruktive Kritik? Über Kommentare freue ich mich immer.
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