Mabon

Mabon

Mabon ist ein Name für das Fest zur Herbsttagundnachtgleiche. Es ist das zweite Erntefest im Jahreskreis, welches ausschweifend gefeiert wird. Besonders Wein und Most spielen bei den Ausschweifungen eine wichtige Rolle. Denn Mabon ist die Erntezeit des Obstes, der Äpfel, der Beeren und des Weins, sowie der Beginn der Nussernte. In diesem Blogartikel erzähle ich, wo der Name Mabon herkommt und wie die Symbolik dahinter auch etwas mit unserer Persönlichkeitsentwicklung zu tun haben kann.

Heute Morgen (2023) um 8:49 Uhr ist exakt der Zeitpunkt, an dem der Ort, über den die Sonne im Zenit steht, den Äquator in Richtung Südhalbkugel überquert. Für uns auf der Nordhalbkugel ist dies der astronomische Herbstbeginn. Am Nordpol beginnt nun die Polarnacht. Der Grund dafür ist die Neigung der Erdachse.

S.fonsi, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons

Nicht nur Tag und Nacht stehen heute (fast) im Gleichgewicht, sondern auch die Himmelsrichtungen. Der Zenit steht genau über dem Äquator und die Sonne geht exakt im Osten auf und im Westen unter zu Mabon. Eine wunderbare Zeit, sein Leben und alle Kräfte in sich ins Gleichgewicht zu bringen.

Die Farben in der Natur werden immer satter, wärmer und üppiger. Goldgelb, flammend orange, rostrot, weinrot und edles purpurviolett sind überall zu bewundern. Die ersten Herbstnebel schweben morgens über den Wiesen und die Bäume wechseln die Farben ihres Blätterkleides. Sie bereiten sich ab jetzt langsam vor auf die kalte und dunkle Jahreszeit. Die Sonne beschenkt uns derzeit mit atemberaubendem Abendlicht und einem rosa, lila, orangefarben leuchtenden Horizont. Die Mittagszeit ist zwar noch warm, die Sonne verliert jedoch schon deutlich an Kraft. Die Nächte werden kühler und die Gerüche, die in der Luft schweben verändern sich ebenfalls. Es riecht nach Erde, abgefallenen Blättern und nach reifem Obst, wenn man an einem Obstbaum vorbeikommt.

Hast Du einen oder mehrere Obstbäume, dann weißt Du sicher am besten, dass Erntezeit bedeutet, die Früchte zu verarbeiten und haltbar zu machen. Sie als Marmelade oder Sirup einzukochen, die Fruchtstücke in viel Zucker einzulegen oder sie aufzuhängen und trocknen zu lassen und nicht zuletzt leckere Obstkuchen zu backen und diese mit Freunden und Familie zusammen zu genießen. Eine weitere Möglichkeit ist es, Säfte oder Obstwein herzustellen. Meine liebste Erinnerung an die herbstlichen Erntedankfeste in unserem Nachbardorf ist die große Apfelpresse, die in der Mitte des Geschehens stand und aus der sich jeder frisch gepressten Apfelsaft holen konnte. Was für ein Geschmack!

Die Herbsttagundnachtgleiche markiert auch meist den Beginn der Weinlese. In meiner Schulklasse in Trier war eine Winzerstochter. Sie half natürlich mit ihren Geschwistern zusammen fleißig mit bei der Ernte der Trauben. Deshalb war sie dann ziemlich müde und sie hat in den Pausen ganz oft Trauben verschenkt. Sie meinte, sie könne keine Trauben mehr sehen.

Für die Menschen früher galt es jetzt zur Zeit der Herbsttagundnachtgleiche nochmal, Kraft und Arbeit zu investieren, um die reiche Ernte der Früchte einzuholen und für den Winter haltbar zu machen. Gleichzeitig begann man damit, die Stuben zu reparieren und herzurichten. Handwerker waren nun gefragt und man hörte es sicher überall hämmern, hobeln und sägen. Die Bäuerinnen und Mägde begannen nun, Flachs oder Wolle zu Spinnen. Parallel dazu liegt die Herbsttagundnachtgleiche in der Zeit des sogenannten Altweibersommers, in der die Baldachinspinnen an ihren Fäden durch die Luft schweben und fliegen. Diese Gebilde werden gleichgesetzt mit den Schicksalsfäden, die die Göttin selber spinnt. 

Außerdem markiert die Herbsttagundnachtgleiche den Zeitpunkt, vor dem man noch unbedingt das Wintergetreide aussäen sollte. Und in der Zeit rund um Mabon und danach bis etwa zu Samhain werden die Schweine in den Wald gebracht, wo sie sich an den Eicheln und Bucheckern satt essen sollen. Eicheln sind ein weit verbreitetes und wichtiges Symbol für das Fest zur Herbsttagundnachtgleiche. Sie stehen für Fülle, Reichtum und Fruchtbarkeit.

Da dieser Zeitpunkt offensichtlich im bäuerlichen Jahr eine wichtige Rolle spielt, liegt die Vermutung nahe, dass schon die ersten Ackerbauern in Europa diesen Zeitpunkt kannten. Tatsächlich gibt es in Irland einige Steinkreise, die auf den Sonnenuntergang zur Herbsttagundnachtgleiche ausgerichtet sind.

Auf den britischen Inseln haben die Menschen dieses Erntefest im September ausgelassen gefeiert. In vielen Gegenden wurde es zum Vollmond im September gefeiert, der auch in Deutschland „Erntemond“ genannt wird. Auch hier gibt es vermutlich eine sehr alte Tradition der Erntedankfeiern im September. Nach der Christianisierung hat man die Feiern rund um die Tagundnachtgleiche auf den 29.09. gelegt, den St. Michaelstag. Auf Englisch hieß das Fest dann „Michaelmas“. Auch in Deutschland wurden zu dieser Zeit gerne Kirmesfeste veranstaltet, Kirchweihfeste, die noch im Mittelalter leicht ausartende orgiastische Züge annehmen konnten. So ist zum Beispiel eine Beschwerde über die Straßburger Kirchweihfeiern aus dem Jahr 1500 überliefert, in der Männer und Frauen in der St. Katharinenkapelle ein Fass Wein geöffnet haben und den Wein an Fremde ausgeschenkt haben sollen. Das ganze Kirchweihfest hätte eher an eine Orgie für den Gott Bacchus erinnert. So wurde dem wilden Treiben auch schon bald danach ein Ende gesetzt.

Da die Ernte von Getreide und Obst regional zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfindet, verschieben sich je nach Region auch die Feste zur Ernte ein wenig. In den nordischen Traditionen gibt es keine Hinweise auf ein Fest zur Herbsttagundnachtgleiche. In den Sagas findet sich vielmehr der Hinweis auf ein Fest namens „Winternacht“ oder „Haustblot“ was soviel wie „Herbstopfer“ bedeutet und welches laut dem isländischen Kalender am ersten Tag des Oktobermonates gefeiert wurde. Da der alte isländische Kalender ein Mondkalender ist, dürfte das Haustblot Fest in manchen Jahren fast mit der Herbsttagundnachtgleiche zusammen gefallen sein. Viele neuheidnische Gruppen, die den nordischen Traditionen folgen, feiern heutzutage das Fest, das sie „Haustblot“ nennen,  zum Zeitpunkt der Herbsttagundnachtgleiche. Oft werden die Jahreskreisfeste über mehrere Tage, ja sogar mehrere Wochen gefeiert. So wie ich es in meinem vorherigen Artikel über das Lughnasadh Fest beschrieben habe.

Und wie kam es denn dann zu dem Namen Mabon? Ich bin Dir eine Erklärung schuldig.

Mabon ap Modron, Mabon das Kind des Lichts, ist der Sohn von Modron, der Großen Mutter und eine Gestalt aus der walisischen Sagenwelt. Das neuheidnische Äquinoxfest Mabon hat seinen Namen aus den walisischen Mythen über Culhwch und Olwen. In der Sage wird Mabon seiner Mutter Modron weggenommen und in ein Verlies gesperrt. Sie trauert um ihn. Das ist das Pendant zur Zeitqualität zur Herbsttagundnachtgleiche. Auf der Nordhalbkugel gleiten wir in die dunkle Jahreshälfte, das Licht schwindet, die Tage werden immer kürzer und dies spiegelt sich wider in der tiefen Trauer Modrons. Bis dann zur Wintersonnenwende Mabon befreit wird aus seinem Gefängnis und das Licht wieder zurückkehrt in unser Leben. Und wer befreit Mabon? Es ist Culhwch zusammen mit Artus und seinen Gefährten. Mabon soll Culhwch helfen, Olwen zu heiraten. Olwens Vater hat jedem Anwärter auf die Hand seiner Tochter 39 trickreiche Aufgaben gestellt. Und Mabon soll Culhwch mit seinen magischen Fähigkeiten helfen, diese schweren Aufgaben zu bewältigen und somit Olwens Vater zu überlisten.

Und was hat das nun mit unserer Persönlichkeitsentwicklung zu tun?

Die Sage von Mabon op Modron erinnert stark an Persephone, die vom Gott Hades in die Unterwelt entführt und so ihrer Mutter Demeter entrissen wird. Man kann die Unterwelt als Symbol für unser Unterbewusstsein und die entführten, eingesperrten Kinder als Symbol für die verletzten Anteile unserer Seele betrachten. Jene werden so oft von uns unterdrückt, damit wir funktionieren können im Alltag. So wie Mabon ist dann also ein Anteil von uns in ein Verlies gesperrt. Nun braucht es einen Helden und seiner Freunde, um den oft kindlichen Anteil von uns zu finden und zu befreien. Der Held symbolisiert den starken, unversehrten Teil unseres Bewusstseins, der bemerkt, dass eine wichtige Kraft fehlt und der mutig genug ist, sich der Dunkelheit zu stellen. Die Freunde sind wirklich unsere Freunde, Familie und es kann auch ein/e TherapeutIn sein, der/die uns bei der Befreiung und Heilung unseres verdrängten Anteils unterstützt. Licht symbolisiert in diesen Sagen reines Bewusstsein und Dunkelheit die Abwesenheit dessen.

Wenn nun die Tage kürzer und die Nächte länger werden haben wir wieder mehr Zeit zur Innenschau, zur Reflexion und auch zur Heilung und Integration von unterdrückten Gefühlen.

Übrigens ist der Name Mabon für die Herbsttagundnachtgleiche erst seit 1970 in Gebrauch und es wird in heidnischen Kreisen teilweise diskutiert, ob er denn nun passend sei oder vollkommen zusammenhanglos. Es heißt, der Wicca Anhänger Aidan Kelly hätte dem Herbstäquinoxfest den neuheidnischen Namen „Mabon“ gegeben. Andere Namen sind „Harvest Home“, „Lá Fhéile Meán Fómhair“, „Alban Helfen“ oder „Alban Elved“.

Aber ganz unabhängig von solchen Diskussionen um den Namen steht glasklar fest: die Feiern rund um die Herbsttagundnachtgleiche haben Dankbarkeit, Teilen und Ausgleich zum Thema. Dankbarkeit für das Essen und die Ernte, die man eingefahren hat, für die Früchte der Wärme und des Lichts, die man nun haltbar machen kann, um gut über den Winter zu kommen. Dankbarkeit für die Menschen, die mit einem zusammen Arbeiten und Feiern und das alltägliche Leben teilen. Dankbarkeit für die Fülle und Üppigkeit in der Natur. Das Füllhorn ist das wohl wichtigste Symbol in dieser Zeit. Neben den Äpfeln und Eicheln.

Das Teilen mit den anderen ist ein guter Weg, das Gleichgewicht wieder herzustellen zwischen denen, die mehr haben und denen die weniger haben. Das gemeinsame Teilen und das Schenken der Früchte und des Gemüses bedeuten, dass man sich der Fülle der Natur bewusst ist ebenso wie den Kräften von Geben und Nehmen, durch die das Gleichgewicht in allen Beziehungen hergestellt wird. Zwischen den Menschen und der Natur und zwischen den Menschen untereinander. Mabon ist die Zeit des Gleichgewichts aller Kräfte. Tag und Nacht. Licht und Dunkel. Männlich und Weiblich. Wachstum und Zerfall. Ordnung und Chaos. Wärme und Kälte.

So ist es auch eine gute Zeit zu reflektieren, ob in den eigenen Beziehungen das Gleichgewicht von Geben und Nehmen stimmig ist und in einem selbst die genannten Kräfte von Männlich/Weiblich und Ordnung/Chaos ausgeglichen sind. Und natürlich ist es eine gute Zeit, um zu danken, für alles, was man in diesem Jahr gesät, gehegt und nun geerntet hat.

Für mich ist die Zeit zu Mabon immer sehr inspirierend und ich fühle mich tatsächlich innerlich stark und ausgeglichen. Vor zwei Jahren begann meine musikalische Reise durch den Jahreskreis zu Mabon. Hier kannst Du das erste Stück in der Reihe meiner Jahreskreislieder nochmal hören:

Im Moment stecke ich in der letzten Phase des Mixing Prozesses meines bald erscheinenden Albums „Wheel of the Year“. Ich stecke also noch mitten in der geschäftigen Erntephase. Passend zu Samhain wird das Album dann auf allen Streaming Plattformen und auf meinem bandcamp Profil zu hören und zu kaufen sein.

[Aktualisierung: wir schreiben das Jahr 2024 und das Album ist bereits erschienen. Hier ist der Link zu bandcamp: https://myriamcarlayuna.bandcamp.com/album/wheel-of-the-year ]

Feierst Du Mabon? Haben Dich die Gedanken in diesem Artikel zu einer Erkenntnis inspiriert? Ich freue mich immer über Deine Kommentare.

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2 Gedanken zu „Mabon

  1. Liebe Myriam,
    danke für deine inspirierenden Wörter und immer wieder für deine zauberhafte Musik. Ich freue mich schon sehr auf das Album! Hab weiterhin eine geschäftige und frohe Erntezeit!
    Doreen

    1. Liebe Doreen, vielen Dank für Deine stete Unterstützung und Deinen lieben Kommentar. Ich wünsche Dir auch einen schönen Altweibersommer <3 liebe Grüße

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