Runen – Magische Zeichen

Runen – Magische Zeichen

Runenschrift in all ihren Facetten

Der Legende nach hat der nordische Gott Odin die Runen empfangen, nachdem er 9 Tage und 9 Nächte an der Weltenesche Yggdrasil kopfüber hing. Dieser wissensdurstige Gott opferte sich an sich selbst und konnte in der neunten Nacht das Geheimnis der Runen lüften und diese magischen Zeichen sehen. Er empfing auch ihre tiefere Bedeutung, die schöpferischen Kräfte und Prinzipien der Welt zu nutzen und zu lenken. Die Runen waren Schriftzeichen in germanischen Stammesgebieten. Dabei wurden sie nie für die Alltagskommunikation benutzt, wohl aber um bestimmte Verdienste und Taten einzelner Individuen in Stein zu meißeln und zu verewigen. Und im Mittelalter auch parallel zur lateinischen Schrift für die Texte der Gelehrten. Aber ich denke, Du kennst Runen vermutlich eher als magische Zeichen, mit denen Zauber gewirkt wurden und noch werden. Oder als Werkzeuge zum Orakeln.

Die Legende

Aus der Hávamál

In der „Hávamál“, einer Sammlung von 164 Strophen alt-nordischer Poesie (ein Teil der Edda), wird beschrieben, wie Odin das Wissen über die Runen errungen hat. Dieser wissensdurstige Gott lässt sich von nichts und niemandem stoppen, wenn es darum geht, Weisheit zu erlangen. Dafür ist er zu großen Opfern bereit. Von der Festung Asgard in der Krone der Weltenesche Yggdrasil beobachtete er die drei Nornen, die machtvollen Schicksalsgöttinnen. Sie hüten die Quelle Urd, den Schicksalsbrunnen im Wurzelwerk der Weltenesche und sie ritzen Runen in den Stamm von Yggdrasil. Damit beeinflussen sie das Schicksal aller Wesen und lenken die Kräfte der neun Welten. Die Runen sind der Legende nach also nicht einfach nur Schriftzeichen, die einen Laut definieren, sondern magische Zeichen, die jeweils ein ganzes schöpferisches Konzept verkörpern. Odin wollte unbedingt das Wissen über die Runen erlangen. Doch nur „Würdigen“ wird diese Kenntnis zugestanden. So hängte er sich kopfüber an einen Ast der Weltenesche und durchbohrte sich noch dazu mit seinem Speer. Und starrte neun Tage und neun Nächte nach unten, um die Runen zu schauen.

Im Vers 139 der „Hávamál“ heißt es:

Ich weiß, dass ich hing
An windigem Baum
neun ganze Nächte,
vom Speer verwundet
und Odin geweiht,
ich selbst mir selbst,
an diesem Baum,
von dem niemand weiß
aus welcher Wurzel er sprießt

Und tatsächlich, am Ende der neunten Nacht sah er langsam, wie sich die Runen im Stamm von Yggdrasil formten und wieder vergingen und er hörte wie sie ihm ihre Geheimnisse offenbarten. Das merkte er sich alles in seinem berühmten Gedächtnis und konnte fortan Kranke heilen, Feinde bannen und seine Kameraden im Kampf durch Magie schützen.

(eine kleine Anmerkung: in der Hávamál steht nur, dass Odin nach neun Tagen und neun Nächten die Runen empfangen hat und vom Stamm wieder abfiel. Dass er die Runen im Stamm von Yggdrasil sehen konnte entspringt meiner Fantasie, manche sagen, er konnte sie im Urdbrunnen erkennen. So oder so ähnlich könnte es gewesen sein)

Ich gab mich hin nicht für Brot
und nicht für Hornvieh,
ich spähte nach unten,
nahm Runen auf
laut lernte ich sie,
fiel wieder von dort.

Odins Selbstopfer und die Einweihung

Bemerkenswert an dieser Geschichte ist das Selbstopfer Odins. Er gab sich an sich selbst als Opfer. Dabei starb ein Teil von ihm und er wurde wieder geboren. Er begab sich für diese neun Tage und neun Nächte in den Grenzbereich zwischen Leben und Tod.

Sodann wurde ich befruchtet und wurde weise;
Wahrlich, ich wuchs und gedieh.
Von einem Wort wurde ich zum nächsten Wort geführt,
Von einer Tat zur nächsten Tat.

Eine andere Facette dieser Deutung zeigt der Forscher Ottar Grönvik auf. Er argumentiert, dass der Dichter dieses Edda-Liedes, der namentlich in den Versen 111 und 112 auftaucht, hier in der Ich-Form schreiben könnte und dass er es sei, der sich an den Gott Odin hingibt in einer mystischen Verschmelzung. Das würde auf einen Initiationsritus hindeuten. Gleich den Initiationsriten für Schamanen und Medizinleute, die aus anderen Kulturen bekannt sind und oft die Konfrontation mit dem Tod beinhalten. Der Mensch, der die Einweihung erfahren soll, begibt sich in einen Zustand zwischen Leben und Tod und wird mit all seinen Ängsten konfrontiert. In diesem Zustand erhält der/die so Geprüfte Einweihungen in Form von Visionen oder Botschaften. Das ist natürlich nicht ungefährlich und wurde immer von einem bereits erfahrenen Schamanen begleitet. Nicht jede/r Noviz(e)in wurde für ein solches Ritual zugelassen. Denn selbst den/die mental und körperlich Stärkste/n kann eine Einweihung in dieser Art töten oder schwer schädigen.

Woran ich bei dieser Geschichte sofort denken musste sind die vielen Forscher/innen, die ihre Theorien in Selbstversuchen in der Praxis getestet haben. Ihr Wissensdurst war so groß, dass sie sich selber in gefährliche Situationen begeben haben. Marie Curie zum Beispiel hat die Röntgenstrahlung an sich selber getestet.

Und über das Zusammenspiel zwischen Wissen und Mystik habe ich ja bereits einen Artikel geschrieben.

Die Schriftzeichen

Herkunft und Entwicklung

Das alte Wort „rún“ kann sowohl Schriftzeichen, Zauberzeichen als auch Geheimnis bedeuten. Die Runen sind nicht mit dem Ziel entstanden als Alltagsschrift angewendet zu werden. Verwaltung und Staatswesen waren sicherlich zur Zeit der Entstehung der Runen nichts, was die nordischen/germanischen Stämme unbedingt umsetzen wollten. 😉
Man geht davon aus, dass die Runen durch das Aufeinandertreffen der nordischen Stämme mit Schriftzeichen aus dem phönizisch/aramäischen Bereich entstanden sind. Es gibt viele Ursprungstheorien, auf die ich nicht näher eingehen möchte.

Die Runen haben im Laufe der Zeit Entwicklungen durchgemacht. So sind die ersten überlieferten Zeichen 24 an der Zahl. Spätere Runenreihen, die in Norwegen entstanden sind, wurden auf 16 Zeichen verkürzt. Man spricht auch von älterem und jüngerem Futhark. Und im angelsächsischen Raum wurden sogar Runenreihen mit 33 Zeichen entwickelt. Weil es für einige Laute der englischen Sprache keine Entsprechung in der lateinischen Schrift gibt, wurden sogar inmitten lateinischer Schriftzeichen die Runen Thurisaz für das „th“ und auch Wynn für das „wh“ benutzt.

Runensteine als älteste Quellen

Überliefert sind die Runen zuallererst durch die vielen Runensteine, von denen die meisten in Schweden zu finden sind, aber auch zahlreiche in Norwegen, Dänemark und Schleswig-Holstein und vereinzelte sogar in der Ukraine und in Grönland. Auf den Runensteinen hat entweder eine Person hohen gesellschaftlichen Standes die eigenen Leistungen und Verdienste fest gehalten, oder jemand hat für eine andere Person einen solchen Stein gestiftet. Dadurch können die Forscher verschiedene Ereignisse und auch historische Personen und deren Beziehungen zu ihren Zeitgenossen ganz gut miteinander in Verbindung bringen.

Nutzung im Mittelalter

Im Mittelalter gab es dann auch Schriften auf Pergament in Runenalphabeten, ganz nach lateinischem Vorbild. Bis das lateinische Alphabet komplett die Runen ersetzt hatte. Dieser Prozess lief in verschiedenen Gegenden sehr unterschiedlich ab, so wurde in Schweden bis ins 19. Jahrhundert noch die Runenschrift verwendet. In anderen germanischen Gebieten verschwanden die Runen bereits im 7. oder im 10. Jahrhundert.

Der Zauber

Runen als magische Werkzeuge

Die meisten Menschen kennen Runen als magische Werkzeuge. Vielleicht hast Du ja selber Runen zu Hause oder ein/e Freund/in hat Dir schon mal die Runen gelegt und orakelt. Es sind Zeichen, die aus Stöcken gelegt werden können und die auch leicht zu ritzen sind, sowohl in Stein als auch in Holz. Du kannst sie oft in den Zweigen der Bäume erkennen oder Du findest einen Stock, der die Form einer Rune hat. Sehr häufig begegnet mir draußen das Zeichen der Gebo Rune, die eine gekreuzte Form hat. Die Gebo Rune bedeutet Geschenk oder Gabe und natürlich freue ich mich immer, wenn ich sie sehe. Ich befinde mich immer noch in einem Prozess die Runen kennen zu lernen, indem ich einen leeren Stein auf meinen Altar lege, rein fühle, welche Rune er tragen will und dann schaue, was in der Zeit passiert, in der diese Kraft wirkt. Wenn ich das Gefühl habe, die Zeit ist abgeschlossen, dann male ich die Rune auf den Stein und lege ihn zu den anderen. Dabei bin ich noch nicht mal bei der Hälfte der allgemein verwendeten Runen angekommen. Aber im Nachhinein kann ich wirklich sagen, dass genau in der entsprechenden Zeit auch genau das Konzept der jeweiligen Rune voll gewirkt hat. Sehr spannend…

Hast Du vielleicht von Deiner Oma etwas über die Runen gelernt? Oder kannst Du ein Buch empfehlen? Über Kommentare zu diesem Thema würde ich mich sehr freuen.

Archetypen und Schöpfungskraft der Runen

Jede Rune verkörpert ein schöpferisches Konzept. Ihre Namen leiten sich von Begriffen der früheren archaischen Erlebniswelt her. Da ist zum Beispiel Isa, das Eis. Eine Rune die für Stillstand steht. Gefrorenes Potential. Spiegelung. Oder Uruz, der Auerochse, der für die wilde Kraft des Neubeginns, für Stärke und Manifestation und auch für Heilung steht. Othila ist das Erbe. Das kann materielles Erbe sein oder auch die geistigen Gaben, die man von seinen Ahnen erhalten hat. Und dies sind alles nur Fragmente der wahren Bedeutung.

Zu jeder Rune gibt es ein archetypisches Bild, bei manchen kann ich Klänge wahrnehmen oder wie sie sich bewegen und die Bedeutungsebenen sind sehr komplex. Sie stehen für Kräfte wie Bewegung und Stillstand, Gabe und Opfer, Manifestation und Zerstörung, Anziehung und Abstoßung, für Schutz und für Heilung. So kann man sie auch kombinieren, um einen Zauber zu erwirken.

Doch meiner Meinung nach ist bei der Anwendung von Zaubern Vorsicht geboten. Über Magie und Zauber schreibe ich bestimmt noch einen Artikel. Schon der Zauberlehrling in Goethes Faust musste ja fest stellen, dass er die Geister, die er rief, nicht mehr weg schicken konnte. Zauber bindet. Also wisse immer was Du tust und kenne die Konsequenzen. 😉

frei nach dem Motto aus der Wicca-Religion: „tu was Du willst und schade niemandem dabei“…

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