Mittsommer

Mittsommer

„Nun ist Mittsommerzeit, die Tage strahlend lang, die weißen Nächte schallen von Fiedel und Gesang“ … so beginnt das Lied, welches ich zum Mittsommerfest geschrieben habe. Mittsommer ist das Fest zur Sommersonnenwende, die heute um exakt 16:57 Uhr in unserer Zeitzone stattfindet. Es ist der längste Tag des Jahres, die Sonne hat ihren Höhepunkt erreicht und beschert uns eine magische Zeit voller Licht, Kraft und Zauber.

In den letzten Wochen seit Beltane ist die Lichtkraft immer stärker geworden. Unsere Tage wurden immer länger und das aktivierte unsere Lebensgeister. Alle Pflanzen stehen in ihrem vollen Saft, viele Blumen und Büsche blühen und an denen, die schon geblüht haben bilden sich die ersten Früchte. Auch sind die ersten Früchte schon reif, Erdbeeren, Spargel, frische Kartoffeln. Die Zeit lädt ein, mit Festessen zu feiern, sich an den frischen Nahrungsmitteln zu erfreuen und in den mannigfaltigen Geschmacksnoten zu schwelgen. Ich hoffe, Du konntest viel draußen sein und die Natur genießen. Nun zur Mittsommerzeit hat die Sonne ihren höchsten Stand am Himmel erreicht und je nachdem welche Tradition man fragt, steht sie drei oder 12 Tage still.

Wieso steht die Sonne still und welche Namen gibt es sonst noch für Mittsommer?

Wie beim englischen Namen für die Wintersonnenwende gilt dasselbe für die Sommersonnenwende, die „summer solstice“. Das Wort „solstice“ setzt sich zusammen aus dem Lateinischen sol = Sonne und sistere = stillstehen. Je weiter nördlich man kommt, desto anschaulicher wird es, da die Sonne dort am Abend den Horizont nur kurz berührt und wieder aufgeht.

Weitere Namen für Mittsommer sind „Lá Feilé Grianstad an Samhradh“, „Lá Dagh Ruadh“, „Feilé na Gréine“ wie das Fest in Irland heißt. In Schweden sagt man „Midsommar“ und im slawischen Raum „Kupala“ oder „Iwan-Kupala“. AnhängerInnen des Wicca Kultes nennen das Fest „Litha“, was ein alter anglo-sächsischer Begriff ist und so viel bedeutet wie „Monat des Mittsommermondes“.

Viele Steinkreise sind exakt am Sonnenaufgang des Mittsommertages ausgerichtet

Wie die Wintersonnenwende ist Mittsommer ein uraltes Fest, welches mutmaßlich schon in der Spätsteinzeit begangen wurde. Viele Steinkreise sind am Sonnenaufgang des Sommersonnwendtages ausgerichtet. Stonehenge ist das prominenteste Beispiel. Am heutigen Morgen um 04:52 Uhr örtlicher Zeit geht die Sonne exakt hinter dem sogenannten „Heel Stone“ auf, der den Eingang des Steinkreises markiert und die Sonnenstrahlen fallen in die Mitte des Monuments. 

Foto: Jlert Joseph Lertola

Seit einigen Jahren kommen zur Sommersonnenwende viele Menschen nach Stonehenge, um diesen Tag zu feiern. Die im 18. Jahrhundert neu gegründeten Druiden Orden haben mit der neuheidnischen Nutzung von Stonehenge wieder begonnen. Und so sieht man auch heutzutage wieder Druiden, die das Ritual zu Mittsommer dort anleiten.

Stonehenge ist der bekannteste Ort. Es gibt jedoch in ganz Großbritannien und Irland viele kleinere und größere Steinkreise, in denen zu Mittsommer Zeremonien abgehalten werden.

Hier ein Beispiel aus Irland:

https://www.youtube.com/watch?v=Oh3jcc5mDnE

Früher kursierten viele Sagen und Legenden über die Steinkreise zu Mittsommer. Es wurden Steine gesehen, die in der Mittsommernacht zur nächstgelegenen Wasserquelle gewandert sind, um dort zu trinken. Andere haben die Steine tanzen sehen. Und dann gibt es natürlich noch die Geschichten von Zeitreisen, die passieren sollen, wenn man zu einer solchen Portalzeit wie Mittsommer in einem Steinkreis schläft.

Wie wird Mittsommer gefeiert?

Um die Sonne zu ehren werden überall zu Mittsommer Feuer entzündet, gerne auf Hügeln, als Symbol für den hohen Stand der Sonne. Ein weißrussischer Freund erzählte mir vor langer Zeit, dass in Weißrussland zur Sommersonnenwende große Räder aus Holz und Stroh hergestellt wurden, die auf einen Hügel gebracht, dort entzündet und den Hügel heruntergestoßen wurden. So rollten die brennenden Räder hügelabwärts und symbolisierten die Sonne, deren Licht auf dem Höhepunkt seiner Kraft steht und das nach der Mittsommerzeit wieder abnehmen wird. Danach feierten die Menschen ein ausschweifendes Fest mit viel Essen und alkoholischen Getränken. In der Nacht würden alle in die Wälder gehen, um nach einer sagenumwobenen verzauberten Blume zu suchen, nach einer Farnblüte. Diese soll den Menschen die Schätze der Erde eröffnen, die Sprache der Tiere verständlich machen und auch die Gedanken der anderen Menschen. Am Morgen lägen dann alle verkatert auf dem Waldboden, weil sie während ihrer Suche im Zwielicht der weißen Nacht müde wurden und eingeschlafen sind.

Tja, die einen sehen Steine tanzen, die anderen denken, sie haben eine Zauberblume gesehen…

Auch in den keltischen Gegenden werden große Feuer auf Hügeln entzündet und es wird wild gefeiert. Durch die hohe Lichteinstrahlung werden die Elfen und Feen aus ihren Wohnungen in den Wäldern gelockt und können in der Nacht beobachtet werden. Der Holunder steht zu dieser Zeit grade in voller Blüte und wer sich zu Mittsommer unter einen Holunderbusch schlafen legt und den Geist des Holunderbusches um Erlaubnis fragt, der kann den Feenkönig mit seinem Gefolge vorbeiziehen sehen.

Zu Mittsommer sollte man Kräuter sammeln

Man kann den Feuern Kräuter beigeben, um sich in deren Rauch zu reinigen. Typisch für diese Zeit sind Salbei, Beifuß, Arnika und Kamille. Und überhaupt ist jetzt die beste Zeit, um Heilkräuter zu sammeln, denn sie sind nun aufgeladen mit der vollen Kraft der Sonne. Besonders Sonnenkräuter sollten zu Mittsommer gepflückt werden und das bekannteste ist das Johanniskraut. Es wirkt stimmungsaufhellend und kann bei leichten Winterdepressionen eingenommen werden.

Ein anderer Name von Johanniskraut ist auch Teufelsschreck und es heißt, dass man sich böse Geister vom Leibe halten kann, wenn man über seiner Eingangstür einen Strauß Johanniskraut aufhängt.

Zu Mittsommer haben auch alle, die mit den Energien der Natur arbeiten, ihre höchste Kraft: PriesterInnen der alten Wege, ZaunreiterInnen oder auch Hexen genannt. Es ist eine Zeit der Initiation von Neulingen in Gruppen oder auch sogenannte Coven. In Cornwall zum Beispiel gibt es einen Stein, der Giants Rock genannt wird, und um den eine Junghexe neunmal herum geht bei ihrem Initiationsritual am Tag von Mittsommer. Es ist auch eine gute Zeit, um magische Objekte mit der Kraft der Sonne aufzuladen, um mithilfe von Kräutermischungen seine Hellsinne zu schärfen (Beifuß oder süßer Waldmeister und Mohnblumensamen zum Beispiel) oder auch um in die Zukunft zu blicken.

Mittsommer ist eine Portalzeit, zu der man gut orakeln kann

Weit verbreitet sowohl in Skandinavien als auch in Osteuropa ist der Brauch von jungen Frauen, sich zu Mittsommer einen Kranz aus Wiesenblumen zu flechten und diesen in der Nacht entweder unters Kopfkissen zu legen oder mit Kerzen geschmückt in einen Fluss zu geben. In der Nacht träumt die Frau dann mit hoher Wahrscheinlichkeit von ihrem zukünftigen Geliebten oder Ehemann. In Großbritannien rütteln die Frauen am Hollerbusch und fragen die Feen, die darin wohnen, nach ihrem zukünftigen Gemahl.

Wie auch schon in meinem Blogartikel zum Yule Fest habe ich in diesem Artikel zu Mittsommer die vielbekannten schwedischen und allgemein skandinavischen Traditionen außer Acht gelassen. Interessant zu erwähnen ist jedoch, dass einige Gebräuche in Schweden den keltischen Beltane Traditionen sehr ähneln. So der geschmückte Mittsommerpfahl, um den getanzt wird und die Sitte am frühen Morgen nach Mittsommer barfuß im Tau zu laufen, um eine gute Gesundheit zu erlangen. Auch die Betonung der Fruchtbarkeit ist offensichtlich. In Schweden seien viele Kinder 10 Monde nach Mittsommer geboren. Doch auch in Britannien ist die Mittsommerzeit eine gute Zeit für einen Mann, um die Gunst seiner Liebsten zu werben mit Sträußen aus Wildblumen oder auch mit Rosen. Ein großer Unterschied zwischen schwedischen und keltischen Traditionen ist, dass in Schweden zu Mittsommer keine Feuer angezündet werden. Im Rest Skandinaviens hingegen schon.

Der Tod des Sonnengottes

Im Wicca Kult heißt es, der Eichenkönig und der Stechpalmenkönig kämpfen zu Mittsommer miteinander. Und zur Sommersonnenwende ist es der Stechpalmenkönig, der den Kampf gewinnt. Er steht für die dunkle Jahreshälfte und sorgt dafür, dass die Sonne nach Mittsommer wieder langsam an Kraft verliert. Das Rad des Jahreskreises dreht sich weiter. Es gibt alte Geschichten und Legenden vom Tod oder von einer Opferung des Sonnengottes zu Mittsommer. Die alten Babylonier haben zur Sommersonnenwende eine sechstägige Trauerzeit gehalten, da Tammuz, der Gefährte der Göttin Ishtar zu dieser Zeit stirbt. Zur Wintersonnenwende wird er wiedergeboren. Er ist der Gott der Pflanzen und der Nahrung und Ishtar ist die Göttin der Fruchtbarkeit, Liebe und des Krieges.

Auch der Tod des germanischen Gottes Baldur wird oft mit der Sommersonnenwende verknüpft. Er ist der meistgeliebte, schönste und charismatischste aller Götter. Voller Güte und Weisheit strahlt er hell wie die Sonne. Durch eine List Lokis wird der eigentlich unbesiegbare Baldur getötet und mit ihm verschwindet alles Gute aus Asgard und der Untergang der Götter ist vorgezeichnet. Baldur wird manchmal mit einem Vegetationsgott gleichgesetzt, aber dafür gibt es keinerlei Quellen. Seine Geschichte wird in der „Poetischen Edda“ erzählt.

Wie erlebst Du die Mittsommerzeit?

Hast Du schon mal die Weißen Nächte des Nordens gesehen? Schreibe mir gerne einen Kommentar.

Für mich ist die Sommersonnenwende immer eine zweischneidige Zeit. Ich spüre ganz deutlich, wie die Welt energetisch den Atem anhält, so als wäre man auf einen hohen Berg gestiegen und müsse erst mal verschnaufen. Es ist ein erhabenes Gefühl und ich genieße sosehr die langen Tage und das wunderschöne Licht der Morgen- und Abenddämmerungen. Jedoch fördert so viel Licht auch das Entdecken von Schattenthemen, von Wunden, die tief im Dunkeln versteckt waren und nun sichtbar werden. Es ist ein kraftvoller und notwendiger Heilungsprozess im Gange und die Kraft der Sonne hilft uns dabei. Das kann aber auch anstrengend sein, so wie der Gang auf einen hohen Berg. Deshalb ist es besonders wichtig, diese Mittsommertage bewusst zu genießen und zu feiern, indem man viel draußen in der Natur ist. Denn das Rad dreht sich immer weiter und nun werden die Tage schon wieder kürzer. Gefühlt war doch grade erst Beltane und ab heute zieht sich das Licht wieder zurück, zwar langsam aber bald schon deutlich spürbar.

Lasst uns also die Sonne und das Licht ehren und feiern. Lasst uns innehalten und aus einer erhöhten Perspektive auf das Jahresrad und auf unser Leben blicken. Lasst uns etwas verschnaufen in unseren Heilungsprozessen und das Licht der Sonne voll in uns aufnehmen, damit wir satt davon werden und bereit sind langsam und stetig der dunkleren Jahreshälfte entgegen zu gehen.

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